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02. Juni 1997

akt. 26.02.2014

Statements zum Recht des Kindes auf beide Eltern (nach Trennung und Scheidung) aus psychologischer Sicht


1. Eindeutige Rechtslage bzw. Menschenrechtslage

a) § 1671 IV verfassungswidrig

b) Europäische Menschenrechtskonvention

2. Wertewandel in unserer Gesellschaft: für immer mehr Menschen (vor allem Männer) ist nicht nur Geld (verdienen) wichtig; auch Arbeitszufriedenheit und familiäre Beziehungen haben heute einen höheren Stellenwert als etwa noch vor 30 Jahren.

3. Beim Ausschluß eines Elternteils vom Sorgerecht droht die Gefahr, daß das Kind den Kontakt zu diesem Elternteil verliert.


Das ist aus psychologischen Gründen nicht hinnehmbar: es ist auch ein Verlust an (potentieller) sozialer Kompetenz. Zu je mehr Menschen ein Kind soziale Bindungen und Kontakte unterhält, die Interesse an der Förderung seiner Person haben, umso günstiger ist dieses für seine Entwicklung.

4. Häufig soll der andere Elternteil von der Sorge ausgeschlossen werden, damit das Kind seine "Ruhe" hat. Ruhe kann aber nicht des modernen Bürgers erste Pflicht sein. Der moderne Bürger ist der sozial kompetente Mensch, der seine Interessen und Rechte (er)kennt und sie durchsetzt.

5. Häufig wird dem andern Elternteil vorgeworfen, er habe sich in der Vergangenheit nicht (genug) um das Kind gekümmert: Unter diese Vergangenheit ist ein Schlußstrich zu ziehen!

Dem Elternteil muß im Interesse des Kindes die Chance eingeräumt werden, sein Verhalten zu ändern.

6. Von Rechten ausgeschlossene Vertragspartner sind erniedrigte Vertragspartner. Erniedrigte Vertragspartner sind nicht kooperativ; mitunter sind sie (heimlich) rachsüchtig.

Seinerzeit lernten wir schon als Schüler, mitzubestimmen.

7. Häufig ist die Rede davon, es diene dem "psychischen Wohlbefinden" des Kindes, wenn der andere Elternteil in seinen Rechten reduziert würde.

Hier kann nur das MOMENTANE Wohlbefinden gemeint sein. Das "dicke Ende" kommt, wenn das Kind/der Jugendliche/der junge Erwachsene Bedarf an der sozialen Kompetenz des verlorengegangenen anderen Elternteils hat.

Das Abstellen auf momentanes psychisches Wohlbefinden, das nicht zugleich die Ursachen und Bedingungen des Unwohlbefindens in Angriff nimmt, ist z. B. die Grundlage für späteres Suchtverhalten: durch Ablenkung, Genuss, Unterhaltung, Alkohol, Drogen, Medikamente und vieles andere, das unsere Gesellschaft zur Verfügung stellt, kann man herrlich sein "psychisches Wohlbefinden" erhöhen und gleichzeitig den Kopf vor den Konflikten in den Sand stecken.

8. Durch die Ausgrenzung des einen Elternteils wird das Selbstwertgefühl des Kindes gestört bzw. zerstört. Das Kind fragt sich, was an seinem Elternteil so unerträglich ist, dass er nichts zu sagen hat. Da das Kind nichts erkennen kann, ist es zutiefst verunsichert und zweifelt an seinem gesellschaftlichen Wert, denn die Menschen neigen (immer noch) dazu, den Wert einen Menschen (auch) nach dem "Hause" zu beurteilen, aus dem man stammt.

9. Die Ausgrenzung eines Elternteils erlaubt es dem andern, seine Macht unangefochten auszuüben.

Macht sollte im Interesse des Kindes geteilt werden; bei widerstreitenden Interessen sollten im Interesse des Kindes Kompromisse gefunden werden. Hierzu ist häufig der eine Elternteil (häufig auch beide!) nicht fähig, und aus dieser Unfähigkeit entwickelt sich dann das bereits zitierte "Ruhe"bedürfnis.

10. Häufig ist ein Motiv des ausgrenzenden Elternteils Strafe bzw. Rache dem ausgegrenzten Elternteil gegenüber.

Strafe und Rache sind aber zumindest (theoretisch) seit den 70er Jahren im Strafvollzug abgeschafft worden. Was sogar im Strafvollzug zurücktreten soll, darf erst recht nicht im täglichen Leben von Eltern und Kindern Platz ergreifen.


Ratschläge

Die Paar-Ebene von der Eltern-Ebene trennen!

Immer wieder Gespräche versuchen und führen.

Verständnis für den anderen Elternteil zeigen.

Nach Bedingungen fragen, unter denen der andere Elternteil bereit wäre, zu verhandeln und sein Verhalten zu ändern.

Immer wieder verhandeln und Vereinbarungen einhalten.

Auch Ausschau nach eigenen Fehlern halten! Hierzu (auch) gute und ehrliche Freunde befragen. (Tips geben lassen.)

Den anderen Elternteil nicht besiegen wollen! Keine spiegelbildliche Neuauflage der unguten Situation, sondern eine neue mit gleichberechtigten Partnern schaffen.

Den anderen Elternteil unbedingt DAS GESICHT WAHREN LASSEN!

Getroffene Vereinbarungen unbedingt einhalten oder neu verhandeln.

Nicht vergessen, dass man den anderen Elternteil auch einmal geliebt hat und dass man nicht gerade gut dasteht, wenn man sich seinerzeit einmal in einen "Schwachsinnigen" o. ä. verliebt hatte.

Einen Dritten einschalten.

Das kann jeder sein: ein Verwandter, ein Nachbar, ein gemeinsamer Freund; aber auch ein Professioneller: das Jugendamt, ein Psychologe, ein Mediator.

FAIR streiten und VERTRAGen! Es geht!


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21. Februar 1998


Mediation beim Psychologen

Bei einem Psychologen kann man nicht nur meditieren (Meditation); man kann auch an einer

M e d i a t i o n (Vermittlung) teilnehmen.

Hierbei ist zu beachten, ob der Psychologe eigenverantwortlich tätig ist, oder ob er in einen Verein oder Verband eingebunden ist, der mit Rechtsanwälten eng zusammenarbeitet, die an Scheidungen interessiert sind und hierdurch ihre Existenz bestreiten (z. B. die Fachanwälte für Familienrecht).

Der "Verein Zusammenwirken im Familienkonflikt e. V." in Berlin z. B. bietet Mediation an und erwartet von den Teilnehmern, dass sie sich scheiden lassen. Zeigt sich im Verlaufe der Gespräche, dass beide Seiten eigentlich doch keine Scheidung begehren und sich lediglich in einer schweren Krise befinden, in der der eine Partner oder beide zum "letzten Mittel", dem Scheidungsantrag, gegriffen haben, um den Partner unter Druck zu setzen, so schickt der Verein das Paar weiter zu einem Familientherapeuten o. ä.

Es gibt aber auch Mediatoren, die eigenständig und von anwaltlichen Interessen unberührt tätig sind und es - wie eigentlich das ursprüngliche Ziel der Mediation - völlig dem Paar überlassen, ob es die Partnerschaft fortsetzen oder sich endgültig trennen will, also die Autonomie des Paares anerkennen. Der Mediator als Spezialist für Kommunikation sollte also frei sein für eine etwaige Umkehr des Trennungsprozesses, wenn er hierfür Anhaltspunkte gewinnt und hier flexibel reagieren. Insbesondere der Psychologe sollte ein Fingerspitzengefühl besitzen, zu erkennen, ob die Wunden wechselseitiger Verletzungen über"wunden" werden könnten.

Wie eine Untersuchung gezeigt hat, haben befragte geschiedene Paare angegeben, dass ihres Erachtens eine Fortsetzung der Ehe durchaus noch möglich gewesen wäre, wenn sie seinerzeit in ihrer Krisensituation zunächst an einen wohlwollenden, nicht auf Trennung bedachten Experten geraten wären. Mit Sicherheit wäre das für alle Beteiligten, insbesondere für die Kinder, die beste Lösung gewesen - außer für die Rechtsanwälte natürlich, die weniger verdient hätten.

Der Vorteil des psychologischen Mediators liegt darin, kein festgelegtes Ziel - wie z. B. die Scheidung - zu verfolgen; er strebt lediglich eine Lösung an, die beide Seiten als Gewinn empfinden, und sei hierunter auch die Rücknahme der Scheidungsanträge. Bei vielen Paaren habe ich es erlebt, dass sie nicht wissen, dass man Scheidungsanträge auch zurückziehen kann, und dass der Rechtsanwalt letzten Endes das zu tun hat, was der Mandant wünscht, und sei es seine eigene Entbindung. Möglicherweise sind sie hierüber von ihren Rechtsanwälten nicht aufgeklärt worden. Natürlich müssen dem Rechtsanwalt seine bis dahin entstandenen Kosten erstattet werden; dies kommt aber trotzdem noch billiger, als eine Scheidung mit allen Konsequenzen - auch den psychischen - durchzuziehen.

Rechtsanwälte leben vom Streit,

Psychologen von der - wiederhergestellten - Harmonie.