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M O B B I N G

Psychologische, medizinische und rechtliche Aspekte
eines schwer faßbaren Phänomens

MOBBING ist keine Modeerscheinung und auch nicht das Ergebnis der Auswirkungen einzelner Persönlichkeitsstörungen in einer Situation, sondern ein sozialpsychologischer Prozeß, an dessen Ende wir einen im Sinne des Sozialgesetzbuchs psychisch kranken Menschen finden.

Durch typische MOBBING-Handlungen wird ein Mensch unter Druck gesetzt, schikaniert, ausgegrenzt, mit dem offenen oder versteckten Ziel, ihn "mürbe" zu machen, von der Bildfläche verschwinden oder eine Rechtsposition aufzugeben zu lassen.

In allen möglichen Bereichen kann man einen Menschen MOBBEN: man kann seine Arbeitsleistung ungerechtfertigt kritisieren; man kann ihn ignorieren; man kann Gerüchte ihn verbreiten oder ihm auch die Tür vor der Nase zuknallen. Männer wie Frauen können Opfer von MOBBING werden.

Von MOBBING sprechen wir aber erst, wenn derartige Vorkommnisse über einen längeren Zeitraum geschehen, also nicht nur eine kurzfristige Angelegenheit darstellen.

Sonderformen des MOBBING sind das BOSSING, also Mobbinghandlungen eines Vorgesetzten gegen einen oder mehrere Untergebene; ferner das STAFFING, wobei mehrere Kollegen gegen den Chef intrigieren. Es kann also buchstäblich jeden treffen, gemobbt zu werden.

Inzwischen ist bekannt, welche wirtschaftlichen Kosten durch MOBBING allein am Arbeitsplatz entstehen, sei es durch Ausscheiden aus dem Arbeitsleben und Frühberentung; sei es durch Kosten medizinischer Behandlung; sei es durch die "innere Emigration" von Mitarbeitern im Betrieb, deren weniger kooperative Haltung Arbeitsabläufe blockieren kann. Sogar die Zahl der Verkehrsunfälle auf dem Weg zur oder von der Arbeit kann in vielen Fällen auf MOBBING-Prozesse zurückgeführt werden.

Als Krankheitssymptome von MOBBING-Opfern finden wir alle möglichen somatischen Beschwerden wie Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Herz-Kreislauf-Dysregulationen, Magengeschwüre, Panik-Attacken, Depressionen und sogar Suicid.

MOBBING-Täter bewegen sich geschickt im "grauen Bereich" zwischen angemessenem und strafbaren Verhalten, so daß in der Regel die einzelne MOBBING-Handlung harmlos erscheint. Das Insgesamt einer andauernden Schikane in Verbindung mit der schmerzhaften Erkenntnis, von Kollegen bzw. Mitmenschen, die untätig zusehen, im Stich gelassen zu werden, sind es, die das MOBBING-Opfer in Hilflosigkeit bis zur Verzweiflung und Selbstaufgabe stürzen können.

MOBBING stellt eine krasse Rechtsverletzung dar; hier kann an die Erfüllung der Tatbestände der Beleidigung, der üblen Nachrede, der Verleumdung und im Falle einer Krankheit an Körperverletzung gedacht werden. An Arbeitsplätzen, an denen von den verantwortlichen Führungskräften dem MOBBING nicht entgegengesteuert wird, liegen Verletzungen der Fürsorgepflicht und des Gleichbehandlungsgebotes vor; das Grundrecht des Mitarbeiters auf freie Entfaltung der Persönlichkeit wird verletzt.

Es setzt sich in Ansätzen eine Rechtsprechung durch, die derartige Phänomene wie das MOBBING wahrnimmt und anerkennt und einem Opfer mitunter einen Schadensersatzanspruch gegen die Kollegen bzw. den Arbeitgeber zugesteht.

Je nach MOBBING-Stadium gibt es verschiedene Strategien, ein Opfer in seiner Situation zu unterstützen: Für den Klinischen Psychologen ist zunächst überhaupt die Kenntnis des Phänomens vonnöten, um ggf. eine Beziehung zwischen den Beschwerden des Patienten und der Arbeitsplatz- oder Lebenssituation zutreffend zu interpretieren. Auch der ABO-Psychologe sollte ggf. im Auge haben, ob nicht vielleicht bei Komplikationen an Arbeitsplätzen erfolgreiche Leistungen an MOBBING-Strukturen scheitern.

Ratsam ist der Versuch eines klärenden Gesprächs mit vertrauenswürdigen Kollegen, dem Personalrat, Betriebsrat oder auch einem externen Moderator oder Mediator. Sollte dieses erfolglos bleiben, ist der Gang zu einem arbeitsrechtlich engagierten Rechtsanwalt, der etwas von MOBBING versteht, häufig unvermeidlich.

Das Opfer sollte versuchen, sich die Tatsache des MOBBING einzugestehen, so peinlich es auch sein mag, doch es kann, wie bereits oben beschrieben, jeden treffen. Hier sind Coping-Strategien nützlich, die auch in einer Verhaltenstherapie erarbeitet werden.

Bei MOBBING-Opfern besteht häufig die Gefahr der Flucht in Alkohol oder Medikamente, auch in den vorzeitigen Ruhestand o.ä., statt sich gegen MOBBING zur Wehr zu setzen.

Der Kampf gegen Mobbing ist sinnvoll und geboten, denn auch bzw. gerade in Zeiten finanzieller Beengtheit und starken Konkurrenzkampfes dürfen sich nicht die Methoden des MOB LAW, des Faustrechts, durchsetzen.

Insbesondere ist die Prophylaxe bei der Entstehung des MOBBING geboten; hier ist der Kommunikationspsychologe gefordert, der bei der Lösung von Problemen und Konflikten hilfreich sein kann, noch bevor sie sich zu MOBBING-Prozessen entwickeln. Vorbeugende Maßnahmen stellen auch Betriebs- und Dienstvereinbarungen speziell zum Thema MOBBING dar, wie sie mehr und mehr in der Arbeitswelt getroffen werden.

LEYMANN, H. (1993). Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann. Reinbek: Rowohlt